Ich unterrichte an einer Realschule in NRW - dies hat in Bezug auf das Fach Informatik einen tollen Nebeneffekt: das Fach wird von Klasse 7 an als Hauptfach unterrichtet, mit Klassenarbeiten und gleichwertig zu den anderen Hauptfächern.
Bisher habe ich immer zwei Klassenarbeiten zum Thema "Prozeßdatenverarbeitung" mit LEGO-Robotern geschrieben: eine erste Einheit hat sich mit grundlegenden Programmierungen (Sequenz, Schleife) und der Funktionsweise der Sensoren befasst, die zweite mit der Anwendung der Sensoren, IF-THEN-ELSE-Entscheidungen und Variablen.
Der LEGO-NXT, der hier auf dem Bild zu sehen ist, bringt schon eine Menge spannende Technik mit: es können drei Motoren angeschlossen werden und er kann seine Umwelt wahrnehmen durch einen Ultraschallsensor, Geräuschsensor, Tastsensor und einen Lichtsensor.
[Eigentlich wollte ich an dieser Stelle über den ersten Teil der Reihe ausführlich berichten, da ich diesen mit Hilfe der Programmierungebung "Open Roberta" vom Fraunhofer-Institut komplett neu konzipieren wollte. Leider funktioniert Open Roberta zwar überall, aber (noch) nicht auf den Rechnern in unserem nagelneu eingerichteten Computerraum. Aber das ist ein anderes Thema... Immerhin läuft die original-Software "LEGO Mindstorms" stabil. Der Bericht über die Programmierung mit Open Roberta kommt dann später.]
Im Informatikunterricht arbeiten wir seit Jahren bereits erfolgreich mit LEGO-Robotern. Immer wieder nehmen wir - mit wechselndem Erfolg - an Roboterwettbewerben teil. Dabei sind für uns besonders die Wettbewerbe des zdi-Netzwerks interessant. Bei diesen regionalen Wettbewerben können unsere Realschüler recht gut mithalten. Auch mit dem "größeren" Wettbewerb der "First LEGO League" haben wir schon Erfahrungen gesammelt. Dort sind uns die Gruppen, die häufig mit älteren Schüler*innen von Gymnasien antreten, aber oft sehr weit überlegen.
Der Wettbewerb hat jedes Jahr neue Aufgaben, denen aber in der Regel eins gemeinsam ist: Der Roboter muss auf dem Spielfeld Aufgaben erledigen, z.B. Dinge einsammeln oder an einen bestimmten Ort bringen, Hebel umlegen oder Teile verschieben. Diese Aufgaben müssen in begrenzter Zeit absolviert werden und Eingriffe dürfen nur in definierten Bereichen des Spielfeldes (der "Base") erfolgen, Ansonsten gibt es Strafpunkte.
Immer wieder habe ich festgestellt, dass durch den Wettbewerb, wenn erst mal der Ehrgeiz geweckt ist, die Motivation zur Beschäftigung mit der Programmierung einen wahren Quantensprung macht. Dies wollte ich auf den Unterricht übertragen. Die Programmierung wird nicht gelernt, weil sie ja dann irgendwann abgeprüft wird, sondern weil der Roboter Aufgaben möglichst gut bewältigen soll.
Daher habe ich aus dem aktuellen zdi-Roboterwettbewerb einige Aufgaben ausgewählt und diese über einen Zeitraum von vier Wochen den Schüler*innen als Klassenarbeit gestellt. Diese Klassenarbeit findet also nicht als "summative assessment" am Ende der Unterrichtsreihe statt, sondern die Bewertung erfolgt kontinuierlich, in jeder Unterrichtsstunde.
Der Effekt auf die Motivation war viel stärker als ich vorausgesehen hatte: Die Schüler*inner waren zuerst etwas ungläubig :"Wie, und das ist dann unsere Klassenarbeit, echt?" Dann legten sie los, fragten mich nach Programmiertipps ("Guck mal in deiner Mappe, da haben wir ein Arbeitsblatt dazu") und ließen die Motoren der Roboter heiß laufen.
Schnell stellte sich ein entscheidender Unterschied zum echten Wettbewerb heraus: es ist in diesem Rahmen sinnvoll, die Schüler*innen mehrfach in Ruhe üben zu lassen. Der beim Wettbewerb vorgegebene Zeitfaktor (so viele Aufgaben wie möglich in drei Minuten) ist hier nicht produktiv.
Außerdem zeigte sich, dass die Schüler*innen zu möglichst simpler Programmierung (z.B. Zeitsteuerung) greifen. Daher habe ich mich entschieden, die Verwendung einer anspruchvolleren Prgrammierung, z.B. durch die Einbindung von Sensoren, mit zusätzlichen Punkten zu honorieren.
Meine Arbeitsblätter zu der Klassenarbeit habe ich auf tutory.de erstellt. Ich bin sehr angetan von dieser OER-Plattform. Zwar sind die Layout-Möglichkeiten auf den ersten Blick etwas begrenzt, aber nach einer kurzen Zeit hat man sich eingearbeitet und kann sehr schöne Ergebnisse erzielen, die sich komfortabel teilen lassen.
Die Sammlung der meiner Arbeitsblätter zu oben beschriebenen Klassenarbeit finden sich hier:
Punktezettel, Spielfeld, Aufgaben, Tipps.
tutory.de arbeitet an einer Möglichkeit eine Sammlung von Arbeitsblätter komplett zu verlinken. Sobald das möglich ist, ändere ich die Verlinkung hier.
Verwendet werden hier die Aufgabenstellung und das Spielfeld des zdi-Roboterwettbewerbs 2019/2020.
Die Nutzung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der zdi-Landesgeschäftsstelle (zdi-LGS). © zdi-LGS
Infos zum aktuellen Wettbewerb auf der zdi-Seite.
Inspiriert zu diesem Artikel wurde ich übrigens durch einen Eintrag meines "Lieblings-Lehrer-Bloggers" Jan-Martin Klinge, der mit seinen Schüler*innen ebenfalls an einem LEGO-Roboter-Wettbewerb teilgenommen und auf seinem Halbtagsblog darüber berichtet hat.
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